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Tuesday, 1. February 2011
Eigentumswohnungen zum Verlieben in Erfurt —
75 m², 83 m² und 97 m² auf dem Gelände, wo einmal sechs Wohnbaracken für NS-Zwangsarbeiter standen mit einer Grundfläche von jeweils 250 m² für einen gemeinsamen Schlafraum, einen Aufenthaltsraum und einen Waschraum, jede für ca. 50 Personen. Auf der Werbetafel des Bauträgers ist der Blick auf das ehemalige Verwaltungsgebäude eines Unternehmens zu sehen, das die industrielle Vernichtung von Menschen perfektioniert hat und billige Park- und Verkaufsflächen. Am Ende werden sich die Balkone abwenden. Nur das Wohlfühlbad mit Sekt wird auf der Nordseite liegen. — Vergessen?
dieter
10:35h
Das Unternehmen hat neben einer Vielzahl von Brauerei- und Lagerausrüstungen auch im Auftrag der SS Leichenverbrennungsöfen für Vernichtungslager gebaut. 1941 lebten insgesamt über 600 Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene aus der Sowjetunion, Italien, Frankreich, Belgien und Holland in einem umzäunten und bewachten Barackenlager am Südrand des Firmengeländes. Sie ersetzten eingezogene deutsche Beschäftigte und stellten Flugzeugteile her. Einzelne mussten auch an den Ofenteilen für die Krematorien in den Lagern Buchenwald, Dachau, Mauthausen/Gusen, Mogilev, Groß-Rosen, und Auschwitz/Birkenau arbeiten. Hinter dem VW-Käfer steht der KdF-Wagen, eines der wichtigsten Projekte der nationalsozialistischen Organisation »Kraft durch Freude«. / In der ehemaligen Kölner Gestapo-Zentrale war nach 1945 das Standesamt untergebracht. / Die Sowjetarmee nutzte das KZ Buchenwald bis 1950 als »Speziallager Nr. 2«. / In die SS-Kaserne Nürnberg zog die US-Armee ein und etikettierte sie in Merrel Barracks um. / Opel organisierte in den 50-er Jahren Seifenkistenrennen auf der Betonbahn vor der Führertribüne auf dem Reichsparteitagsgelände in Nürnberg. / Das mächtige Gebäude wurde und wird auch bei den Norisring-Rennen umkreist – »... der einzigartige Stadtrundkurs«. Start und Ziel waren und sind an der gleichen prominenten Stelle vor dem Torso der Haupttribüne, die heute wie ein verfaulter Zahn aussieht. / Das Nürnberger Volksfest am Dutzendteich blickt immer auf den Torso der Kongresshalle, deren Fassade mit Granit aus dem Konzentrationslager Flossenbürg bekleidet ist. / In Flossenbürg bauten Flüchtlinge und Vertriebene auf Grundstücken, wo vorher die Baracken des Konzentrationslagers standen. / Konrad Adenauer, dem oft der Satz von Franz Josef Strauß »Wer noch einmal ein Gewehr in die Hand nehmen will, dem soll die Hand abfallen« zugeschrieben wird, gab wohl dem Drängen ehemaliger Wehrmachts-Offiziere und der Industrie nach, als er 1955 über das »Amt Blank« die Bundeswehr einführte. / Die Beispiele ließen sich endlos fortsetzen. / Das wird umso erschreckender im Rückblick: Worauf etwa ist die Freiheit der Vereinigten Staaten von Amerika gegründet? — Auf Landraub und Völkermord.
»Das Leben muss weiter gehen« sagen wir Achsel zuckend. Wir fahren doch auch mit der Bahn, die die Logistik für die »Endlösung« bereit gestellt hat und in der DDR weiter Deutsche Reichsbahn hieß. Können wir immer die »schlimme Vergangenheit« [Christian Meier] im Kopf haben? Das Thema Erinnern, Verdrängen, Vergessen ist nicht neu. Die Amnestie in Athen von 403 v. Chr. nach dem Sturz der Dreißig und der Wiedereinführung der Demokratie sollte verhindern, dass durch eine Vielzahl von Verfahren und Verurteilungen der gesellschaftliche Zusammenhalt verloren geht. Die Forderung zu vergessen, nicht zu erinnern, was das Wort ›Amnestie‹ bedeutet, wurde in der weiteren Geschichte immer wieder aufgestellt. Die uralte Erfahrung, wonach man nach solchen Ereignisen bisser verdrängt und vergisst als sich tätig zu erinnern, ist keineswegs überholt. Und es ist auch nicht ausgemacht, dass tätige Erinnerung Wiederholung ausschließt. Wenn aber die Erinnerung an Gedenktagen und -orten fest gemacht wird, ist das nicht mehr als Tourismus in perfekter und wissenschaftlich abgesicherter Ausstattung. Nichts darf stören. Für Juden aber als der größten Opfergruppe gibt es kein Vergessen: Was wäre, wenn Deutschland als Zeichen gegen das Vergessen, Paul Celan — Die Todesfuge, Christian Meier: Vom Nutzen und Nachteil des Vergessens: Ein zentraler Glaubenssatz unserer Zeit lautet: Um eine Vergangenheit zu »bewältigen«, muß man die Erinnerung an sie ständig wachhalten. Christian Meier, einer der bedeutendsten deutschen Historiker, stellt diese Geschichtsversessenheit in seinem brillanten Essay in Frage. Er weist nach, daß in früheren Zeiten nicht Erinnern, sondern Vergessen das Heilmittel war, mit einer schlimmen Vergangenheit fertigzuwerden. — Christian Meier ist die Weltgeschichte durchgegangen, um herauszufinden, was die Menschen früher taten, wenn sie nach Kriegen oder Bürgerkriegen Versöhnung suchten. Sein Befund ist ebenso erstaunlich wie einfach: Die Welt setzte seit den alten Griechen auf Vergessen. — Die deutschen Verbrechen der NS-Zeit aber konnten nicht vergessen werden. Die öffentliche Erinnerung an sie war und ist unabweisbar. Und bei allem Ungenügen: Die Auseinandersetzung damit hat sich gelohnt. Gilt also seitdem eine neue Regel? Wie ist etwa mit der Erinnerung an das Unrecht später gestürzter Diktaturen, zumal des SEDRegimes, umzugehen? Wäre vielleicht auch heute Vergessen eher angebracht als Erinnerung? — Das Gebot zu vergessen und die Unabweisbarkeit des Erinnerns. Vom öffentlichen Umgang mit schlimmer Vergangenheit. — München : Siedler, 2010 — Auch als Lizenzausgabe bei der Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn, erschienen — fast umsonst. “Stets gern für Sie beschäftigt, ...". — Menschheitsverbrechen und Berufsalltag. Ein Film von Aldo Gugolz. DVD, 30 Min. Stadt Erfurt. Erinnerungsort Topf & Söhne - Die Ofenbauer von Auschwitz. 2011 — Über Leichen (Arbeitstitel) — Als in Auschwitz und den anderen deutschen Konzentrations- und Vernichtungslagern Millionen Menschen ermordet wurden, standen die Mörder vor technischen Problemen. Tötung und die Beseitigung der Leichen sollten ohne Unterbrechung, kostengünstig und Brennstoff sparend vonstatten gehen und möglichst wenig Spuren hinterlassen. Um dies zu bewerkstelligen, war die SS auf zivile Experten angewiesen, die keine Skrupel hatten, sich in die praktischen Probleme der Vernichtung hineinzudenken und entsprechende Lösungen zu entwickeln. Die Erfurter Firma Topf & Söhne hat dabei eine entscheidende Rolle gespielt. Die Geschichte dieser ganz normalen deutschen Firma beginnt im Erfurt des 19. Jahrhunderts und führt bis in die Krematorien von Auschwitz. — Regisseur Aldo Gugolz drehte mit Steadycam Operator Istvan Imreh auf dem ehemaligen Fabrikgelände, das inzwischen abgerissen wurde. /% story.backlinks %> |
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