Reteid Resflet*24 Open Sources 7.3
Tuesday, 24. January 2006
Wired Strengths! — Erschreckend einfache Erkenntnisse für nicht ganz übliche und einordenbare Wesen dieser Zeit. Über Kräfte und Postleitdaten, mit denen ein Großteil von Freunden, Ihre besten Freunde an »Experten« abgibt. Hoffnungslos überforderte Beschauer, auf dem Weg zu deren eigenen Kräften und Ängsten. — Wie kommen wir dazu, die sensibelsten und wertvollsten Beitrage von Menschen in einen »Normbereich« rücken zu wollen?

© Dieter Tellfser 2006 — Wired Strengths! — Erschreckend einfache Erkenntnisse für nicht ganz übliche und einordenbare Wesen dieser Zeit. Über Kräfte und Postleitdaten, mit denen ein Großteil von Freunden, Ihre besten Freunde an »Experten« abgibt. Hoffnungslos überforderte Beschauer, auf dem Weg zu deren eigenen Kräften und Ängsten. — Wie kommen wir dazu, die sensibelsten und wertvollsten Beitrage von Menschen in einen »Normbereich« rücken zu wollen?
»Mitgefühl und Liebe zu Leidenden, ist bequemer als Liebe zum Denken.« meint Oscar Wilde in seinem Aufsatz »Der Sozialismus und die Seele des Menschen«.Prof. Dr. Arno Gruen hingegen spricht in einem Interview mit Barbara Lukesch über sein Buch »Wahnsinn der Normalität« nicht in einem klinischen Sinne von Wahnsinn, sondern versteht »Wahnsinn« als Unmenschlichkeit, die allerdings nicht als solche erkannt wird, und gerade deshalb viele Menschen zerstört. »Denken Sie an all jene Menschen in unserer Kultur, der Größe und des Besitzes, die zwar ihre eigenen Gefühle des Schmerzes und Mitleids unterdrücken, dafür aber bestens funktionieren und gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Erfolg davontragen.« — Nur wer unempfindlich ist für den Schmerz eines anderen, kann diesem auf den Kopf hauen, oder ihn im täglichen Konkurrenzkampf ausschalten.

Inspiriert von »Brave New World« schreibt er über die politischen Konsequenzen der Identifikation mit dem Aggressor: »Eine Identität, die auf Identifikation mit Autorität basiert, hat nichts mit Eigenständigkeit zu tun. Mit solch einer Entwicklung kommt es dazu, dass aus menschlicher Identität eine Attrappe wird, die zwar die Sprache des Menschseins nachahmt, das Herz des Menschen aber verrät. Solch eine Entwicklung hat politische Konsequenzen, die zur freiwilligen Knechtschaft und das Bestrafen anderer führen.« — Wir leben in einer Welt, in der wir zunehmend voneinander abhängig werden und uns dennoch immer mehr gegeneinander wenden. Warum stellen sich Menschen gegen das, was sie miteinander verbindet, gegen das, was sie miteinander gemeinsam haben – ihr Menschsein?

Der Versuch, Menschen in Kranke und Nicht-Kranke einzuteilen, ist zum Scheitern verurteilt, weil er die eigentliche Krankheit, die unser Opfersein hervorbringt, nicht berücksichtigt. Wenn aber diese Grundlage unserer Entwicklung ignoriert wird, muss unser Geschichtsbewusstsein ein unvollständiges sein. Das Vorhaben, die Geschichte des Menschen zu verstehen, wird so lange scheitern, wie wir nicht in der Lage sind, das Allgegenwärtige des Fremden in uns zu erkennen. — Die Einsicht ist versperrt, weil wir den Terror und das Leid, denen wir ausgesetzt waren, verleugnen müssen. Diese Verschüttung der Quellen des Opferseins führt dazu, dass der Gehorsam immer wieder inszeniert und weitergetragen wird. Dabei ist das Perfide am Gehorsam seine eingebaute Sicherung: Gegen ihn zu verstoßen bedeutet, mit Schuld überladen zu sein.

Wenn Identität auf der Identifikation mit Autorität basiert, bringt Freiheit Angst! — Solche Menschen müssen dann das Opfer in sich selber mit Gewalt gegen andere verdecken. Die innere Not und der Druck, dem alten Terror zu entkommen, werden so groß, dass man sie nur noch mit verstärkter Energie abwehren kann. Dies geschieht, indem das Eigene, das ja Auslöser des inneren Terrors ist, [Ohnmacht des Ausgeliefertseins und der damit verbundenen Scham] in äußeren Fremden gesucht und bekämpft wird. Dabei findet man das Eigene natürlich am ehesten bei Menschen, die einem ähnlich sind. — Menschen, die vom inneren Fremdsein bestimmt sind, hatten nie die Möglichkeit, ein Urvertrauen als festen Bestandteil ihrer Persönlichkeit zu entwickeln. Statt dessen übernehmen sie eine »falsche Identität«, die sie auch weiterhin dazu veranlasst, repressive Autoritäten zu idealisieren und Rettung ausgerechnet von jenen zu erhoffen, die eigentlich ihre »Peiniger« sind.

Natürlich bin auch aus persönlicher Erfahrung immer wieder traurig darüber, wie schnell »überfordert« sich viele in dieser Gesellschaft Menschen mit dystonischen Verstimmungen nähern, bzw. sich eigentlich vom Herzen weg, von ihnen entfernen. Nicht immer ist es möglich Kraft in einen harmonischen oder gar hormonellen Ausgleich zu bringen, aber ein Großteil jener Freunde, die unbedingt glauben, in Therapien oder gar Psychiatrien Hilfe suchen zu müssen, hat meistens nur ein kleines Problem, nämlich jenes, dass sie als solche in ihrem intimsten Umfeld nicht verstanden bzw. schlicht nicht gehört werden wollen. — Da das psychiatrische Niveau sowieso im chemisch freien Fall jenen Pharmakonzernen zuliefert, die sich selbst noch umleiten, habe ich tatsächlich das Gefühl, jenen schwer beschäftigten Menschen mehr Kraft für deren eigenes Umfeld zureden zu wollen. Obwohl das Problem nur individuell und persönlich gelöst werden kann, wäre es höchste Zeit, zwischenmenschliche Begleitung und Freundlichkeit nicht erneut an rückkoppelnde Autoritäten abzugeben.

Wie auch immer man Menschen, die den Kontakt zu ihren emotionalen Wurzeln unterbunden wissen, therapeutische und/oder menschliche Hilfe zukommen lässt, es bleibt ein »Kunstgriff« inmitten eines sozialen »Verdrehspiels«, welches endlich seine mündige Realität finden könnte. — Wer immer glaubt, krankhafte Veränderungen der Stimmungslage behandeln zu müssen, möge sich ausführlicher mit der anscheinend grundlosen und übersteigerten Heiterkeit oder gar tiefen Niedergeschlagenheit auseinandersetzen. Viele Dinge liegen erstens offensichtlich auf der Straße, und sind zweitens sehr leicht mit etwas Mut, Liebe, Aufmerksamkeit und natürlich Zeit zu beheben.

Die Sprache des Herzens ist eine »universelle« Sprache, die keine kristalline Veränderung in unseren Blickwinkeln benötigt, um praktisch und faktisch auch nachhaltig zu wirken.

Everybody is free!
The Sunscreen Man
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Dieter Telfser 2006

Quellenangabe: Arno Gruen: Die politischen Konsequenzen der Identitifikation mit dem Aggressor: — Das Bedürfnis, bestrafen zu müssen. — Arno Gruen wurde 1923 in Berlin geboren und emigrierte 1936 mit seinen Eltern in die USA. In New York studierte er Psychologie und promovierte 1961 als Psychoanalytiker bei Theodor Reik. Er übte zahlreiche Tätigkeiten an verschiedenen Universitäten und Kliniken aus, erst hatte er eine Forschungsprofessur in Neurologie an der medizinischen Fakultät der Cornell University und war Professor an der Rutgers Universität in New Jersey. Seit 1958 hat er eine psychotherapeutische Praxis und leitete dann die psychologische Abteilung einer Kinderklinik in Harlem. 1979 kehrte er nach Europa zurück und lebt und arbeitet seitdem in Zürich, wo er noch immer als Psychoanalytiker praktiziert.

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