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Friday, 6. August 2004
Gesicht und Bildschirm: digitale Aktion und Reaktion als zwischenmenschliche Krücke. Von digitaler Hormonausschüttung, 3D im Flachbildschirm und verschnörkelten Inhalten. Eine Abhandlung für alle, die mehr wollen, als sie auf der Bank haben.
dieter
12:04h
Ein menschliches Gesicht gibt den ein- oder ausladenden Impuls der Aktion, man will tiefer in den Menschen und näher, durch die Augen, in die Seele des Menschen vordringen, oder eben nicht. Ein Gesicht zwingt zur Aktion und lädt ein zur Reaktion. Das kann man mit einem Flachbildschirm nicht wirklich erleben. Die Regung bleibt bestenfalls in der Lendengegend. Alles andere passiert über Hormonausschüttungen im Kleinhirn. Der Klick als Blick, die Maus als Knüppel, LCD als LSD führen über die Welt der Farben, der flashigen Erfahrungen mit der dritten Dimension der vierten Erfahrung, womit wir auch gleich 3D entmystifiziert hätten. Der plastische Wunsch entgleitet uns wie die Grenzen des Hirns zur Geschwindigkeit der Herzdurchsiebung. Welchen Impuls kann die Gestaltung einer Bildschirmmaske beim User, d.h. Benützer auslösen. Bestenfalls, wie das Wort schon sagt, einen benützenden. Das menschliche Marketing will jedoch noch viel mehr dazusetzen, damit auch wirklich der Euro rollt. Da gibt es eine ganze Generation von Menschen, die Knete mit Rollovers machen. Wie wir jedoch wissen, entsteht die Fülle erst durch den Inhalt und Content-Design ist wiederum Hirnsache, also ohne Struktur kein Wandel. Die Schweden, Amis und chinesischen Patriarchen kämpfen gegen die indischen Breithirne um die Höhe mal Tiefe durch die Breite. Genau jene Formel ergibt dann die klebrige Masse an Text und Grafik, die Europa sich gibt und automatisch mitbeeinflusst. Diese Systematik ist eine wirklich weltumspannende und ergibt ein globales »Hey! – die tun das auch«. Alle gemeinsam am gleichen Napf, als hätten wir nie etwas anderes gebraucht als wirklich gutes Datenfutter und zwar geschwind und intelligent für alle. Das Internet basiert auf einer einfachen mathematischen Formel: der Multiplikation. Je mehr desto mehr . Die Folge ist eine kollektive Vergrauung der Hirnzellen, weil durch die ständige Wiederholung nur mehr Farben unterschieden werden, nicht mehr Inhalt, Form und Herz. Schön zu beobachten ist, was wir mit dem Gesicht tun. Wir kommen ähnlich wie im digitalen Bereich zu einer Vermischung von Content versus Visual. Das Geschlecht vermischt die Ästhetik und wird dadurch zu einem neuen Resultat. Der Typus Androgynus, oder die flache Flasche von nebenan ist die Büste von Morgen, denn diese Typen wirken, weil sexuell nicht kodifizierbar. Man muss wiedermal denken, nachdem man ins Gesicht geschaut hat. Die Verantwortung der heutigen Gestaltungsgeneration vor allem im Webbereich endet am Hungertuch. Die Mädelsjunx brauchen heute vielleicht nicht so viel, wie wir ursprünglich geglaubt haben, denn der virtuelle Hype ist Nahrungsmittelersatz für emotional ausgehungerte Knochengerüste. Die Geistigkeit verkörpert sich im Web und findet durch die kollektive Fiktive weltweite Verbreitung durch anonyme Abfrage. Je mehr abgefragt wird, desto aktiver der Hormonhaushalt. Der materielle Verbrauch an emotionalen Nichtgütern prägt das Gestaltungsbild der meisten GrafikerInnen und so schaut das Ganze auch aus, nachdem die Site auf dem Schirm ist. Der Zugang zu Farbe reduziert sich auf Hexadezimal und jener zur Typographie am besten auf einen Schnitt, der je nachdem größer oder eben kleiner eingesetzt wird. Rastersysteme werden aus Jan Tschicholds Zeiten von der Quetsche auf den Bildschirm in Frames gesetzt. Damit ja alles klappt, verwendet man aber am besten keine, denn so intelligent muss der Content schon sein, dass er eigentlich gar keine Verpackung braucht. Das ist die wahre Site. Content before Visual als Nachfolger für Form nach Zweck oder form follows function. Wenig Content ergibt immer zu viel Gestaltung; und zu viel Gestaltung verwischt immer den Content. Das Mittelding bleibt irgendwo im Hals stecken, denn es kommt nie wirklich ins Hirn. Die Disziplin von Interfacegestaltung als digitales Gesicht birgt einen Widerspruch in sich, denn beide suchen zueinander ihr Gegenstück. Meiner Meinung nach wäre die eigentliche Aufgabe der Pixeldrainagen als VermittlerIn, um den beiden mehr Reibungsfläche zu bieten. Nicht aber die Plattform für Dödeleien! Die Gedanken für diesen Beitrag entsprangen aus Sturm im Drang im Einklang mit der köstlichen Wiener Luft und einer guten Volksgazette im Park. Die geistigen Reisen, die ein Text zu ermöglichen scheint, wollen wohl viele tatsächlich digital im Internetz zugänglich machen. Der gemeinsame Nutzen bleibt aber immer noch ein eklatant feinsinniges kollektives Hungergefühl nach Bildung. Aber, wann kommen wir denn nun wirklich zusammen? © Dieter Telfser 2004 /% story.backlinks %> |
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