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Friday, 23. April 2004
Handyfrei ab 13.05.2004 — Ein Manifest zu Verhaltensänderung, kognitiver Anpassung und sozialer Normierung durch Handybesitz.

© Meinrad Hofer 2004 — Mein Teddybär Max, gesponsort von meinem Schulfreund John. Er trägt zerwuzeltes au point von Hermès.

Den Ausschlag für dieses Manifest gaben Putz- und Aufräumarbeiten bei mir zu Hause: da fanden sich jede Menge Kabel und Elektrik neben dem üblichen Staub und Dreck. Nachdem ich Fernseher und Radio entsorgt hatte, läutete mein zelluläres Teil. Der Wunsch einer Rückkehr zur himmlischen Ruhe des »Prä-Handyzeitalters« nahm immer konkretere Formen an. Fazit: Das Handy ist zum ständigen Begleiter des Menschen geworden. Ist er einmal im Besitz eines solchen Gerätes, welches imstande ist, den Terminplaner, die Armbanduhr, das Telefonbuch und sogar den Gameboy zu ersetzen, lernt er bald seine Vorzüge kennen und stellt sein Verhalten mit bemerkenswerter Geschwindigkeit auf die neue Gegebenheit ein bzw. um.

Während das Handy bereits in die Sozialisation Jugendlicher eingebunden ist, schaffen erwachsene Menschen sich ein Handy mit der Begründung an, es für berufliche Zwecke oder in Notsituationen zu verwenden. Tatsächlich war auch ich von meiner alten Firma gezwungen worden, ein Handy zu verwenden. Ist die Überraschung beim ersten Anruf auf das neue Gerät noch groß, so nimmt der Besitzer bald eine permanente, unbewusste Erwartungshaltung ein: Nicht nur das Handy ist unaufhörlich bereit, einen Anruf zu erhalten, ebenso befindet sich der Besitzer in einem kontinuierlichen »stand by« Modus, bereit, jederzeit abzuheben.

Beim alltäglichen Umgang mit dem Handy tritt dies besonders klar zu Tage. Immer mehr wird das Handy Bestandteil menschlichen Verhaltens, selbst wenn der Griff zum Gerät nicht immer bewusst vollzogen wird, sondern einem Automatismus gleichkommt. Fragen wie »Ist der Akku noch voll?«, »Sind neue SMS angekommen?«, »Gab es einen ‚Anruf in Abwesenheit?« oder »Steht ein Termin an, den es zu beachten gilt?« nehmen an Häufigkeit zu. — Das Handy beginnt eine wichtigere Rolle im Leben des Besitzers einzunehmen, als dieser sich vorgestellt hatte.

Diese symbiotische Verbindung, die der Mensch zu seinem Handy entwickelt, tritt besonders stark zu Tage, wenn sein Verhalten näher beobachtet wird. So zeugen zum Beispiel der panische Griff an die Tasche [»Habe ich mein Handy auch wirklich dabei?« oder »Habe ich es auch nicht verloren?«] oder der laute Ärger, falls die Batterie leer ist, von der Wichtigkeit, die dem kleinen, aber so praktischen Gerät beigemessen wird. Dass dies Reaktionen sind, die der Besitzer vor dem Erwerb des Gerätes von sich selbst nicht kannte, untermauerte meine These der fortlaufenden Veränderung des menschlichen Verhaltens durch das Handy.

Sobald das Handy klingelt oder vibriert, wird die Unterhaltung mit dem Gegenüber unterbrochen oder gar beendet, sodass eine wirkliche Kontaktaufnahme, wirkliche Kommunikation, nur noch unter dem Vorbehalt geschehen kann, dass niemand anruft. Ist dies aber geschehen, so ist der Angerufene mit seiner Informationsverarbeitungskapazität überfordert. Die Folge ist, dass man weder mit dem einen, noch mit dem anderen Gesprächspartner sinnvoll kommunizieren kann. Exklusivität genießt in dieser Situation keiner von beiden.

Eine verwandte Folge dieses Problems ist, dass sich das Verhältnis von Öffentlichkeit und Privatsphäre in wechselseitigem Wandel befindet: Intime Gespräche werden nicht mehr nur in abgetrennten, privaten Räumen geführt. An jedem erdenklichen öffentlichen Ort können sich aufmerksame Mithörer von mehr oder weniger spannenden Ungereimtheiten des zwischenmenschlichen Lebens berieseln lassen. Der alte Slogan der Feministinnen: »Das Private ist öffentlich«, scheint also auf dem besten Weg zu sein, allgemeine Umsetzung zu finden.

Eine weitere Folge ist eine praktische, sie betrifft das Verabredungsverhalten der Menschen. Wurde sich ohne das Handy zu einer bestimmten Zeit, an einem bestimmten Ort verbindlich verabredet, so wird sich unter Handybenutzern meistens zum nächsten Telefonat verabredet, was zur Folge haben kann, dass seltener wirkliche Begegnungen von Angesicht zu Angesicht stattfinden. Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass bipolare Kommunikationsmodelle nicht der Verständigung, sondern nur der Elektronik selbst dienen.

Im täglichen Miteinander wird der Handybesitz als selbstverständlich angenommen. Die Werbung und das Fernsehen propagieren seine unabdingbare Nützlichkeit. Man schreibt nicht mehr die Telefonnummer auf einen Zettel, sondern die Handynummer wird direkt in das Gerät gespeichert. Wer sich als »handylos« outet, läuft Gefahr sich Fragen nach der Möglichkeit, wie das Leben ohne Handy zu organisieren sei, stellen zu lassen [Die Menschen vergessen sehr schnell]. Um auf dem Arbeitsmarkt nicht aus dem Profil eines gesuchten Angestellten heraus zu fallen, ist der Besitz eines Handys schon fast notwendig, gerade weil er als zeitgemäß und selbstverständlich gilt. — Denn wer will schon als altmodisch »abgestempelt« werden? — Ständige Erreichbarkeit ist Zeichen von Fortschritt, Flexibilität und Mobilität.

Nach all diesen Überlegungen kam ich zu dem einzig mir human erscheinenden Schluss: Ich weigere mich in Zukunft , »mobil« erreichbar zu sein. Mein normales, gutes, nettes, schnuckeliges Telekom-Telefon mit Fax steht zu Hause im Vorzimmer, wo es meiner Meinung nach auch hingehört, und steht künftig als mein einziger Telefondienst zur Verfügung.

Zumindest habe ich bei der Benutzung eines Telekom-Telefons [trotz des nicht gerade günstigen Tarifs] tatsächlich das Gefühl, als könnte ich der sozialen Infrastruktur der Arbeiter, die seinerzeit die Leitungen dafür verlegt haben, etwas abgelten und zudem eine Infrastruktur stützen, die im Grunde gar nicht so altmodisch ist, wie alle glauben. Diese Form des Respekts zolle ich hiermit. Hinzufügen möchte ich, und es ist mir ein Anliegen dies mitzuteilen, dass die Notwenigkeit mobiler Kommunikation bei mir nicht gegeben ist. Da ich weder Arzt im Dienst, noch ein erfolgreicher Geschäftsmann bin und auch selten erste Hilfe bieten kann, greife ich in Zukunft auf die alten Telefonkabinen oder die sonst üblichen Telefoninfrastrukturen zurück.

Wer immer mir sagen wird, wie unpraktisch ich mit dieser Entscheidung denke, dem freue ich mich mitteilen zu können, dass ich definitiv und gerne kompliziert bzw. einfach kompliziert bin, weil ich das für absolut menschlich halte. Fast hätt' ich’s vergessen: Wenn man die zelluläre Magnetresonanz-Telefonie nicht unterstützt, bleibt möglicherweise gar Geld übrig, meine ich zumindest, aber sicher bin ich mir da nicht.

Definitiv und endlich handyfrei!
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© Dieter Telfser 2004

Lebende Zellen reagieren auf von Mobiltelefonen abgestrahlte elektromagnetische Wellen abhängig von ihrem genetischen Aufbau. Zu diesem Schluss kommt eine neue Studie aus Finnland, die nahe legt, dass die möglichen negativen Effekte von Handys auf die Gesundheit von Person zu Person unterschiedlich sein könnten. Die finnische Untersuchung ist die erste ihrer Art, die die Gefahren durch Mobiltelefone im Zusammenhang mit der genetischen Disposition abgleicht. Sie könnte auch erklären, warum es zuvor so selten möglich war, bestehende Studien zu konkreten Gesundheitsauswirkungen von Handys miteinander vergleichbar zu machen.

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